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Was will er mir damit sagen?

Es gibt sehr gute Bücher. Manche berühren uns, ganz tief in unserem Innersten. Manche unterhalten uns und wir können sie kaum aus der Hand legen. Überraschenderweise fällt es uns schwer, bei einigen sehr guten Büchern - die uns wirklich viel Spaß gemacht haben - wenige Wochen später die Handlung auch nur annähernd wiederzugeben. Während andere noch Jahre später in unseren Köpfen nachhallen. Woher kommt das? Und wie kann es beim Verfassen von Büchern helfen?


Ein Mann liest leise lächelnd ein Buch, vor ihm auf dem Tisch steht ein Coffee to Go.

Ein Roman funktioniert auf zwei Ebenen: Einerseits die offensichtliche Handlung, andererseits die Aussage. Die Handlung fesselt uns während des Lesens, die Aussage ist das, was uns bleibt. Oftmals drückt sich diese Aussage in der Charakterentwicklung aus: Eine der Hauptfiguren lernt etwas dazu, verändert sich, durchläuft eine Transition. Dieser Wandel spricht uns an, weil sie zutiefst menschlich sind, wir sie selbst entweder schon erlebt haben, an ihnen scheiterten oder sie zumindest nachfühlen können.

Eine Aussage kann aber auch mehr sein - etwas Gesellschaftliches oder Philosophisches zum Beispiel.

Üblicherweise kann man die Aussage eines Buches als Frage an die Lesenden sehen: Wie weit darf man für seine Rache gehen? Wie kann man Stärke angesichts großen Leides zeigen? Wie wollen wir in einer diversen Gesellschaft leben?

Besondere Bücher verbinden eine treibende Handlung, während sie eine Frage stellen und zu dieser Frage eine mögliche Aussage treffen. Der Herr der Ringe stellt z. B. die Frage nach der Verführung der Macht, verkörpert im einen Ring: Er ist das ultimative Artefakt, könnte jedem, der ihn zu nutzen versteht, zum Herrschenden über Mittelerde werden lassen. Die Frage: ist es rechtens, das zu tun? Die Aussage: Nein, und insbesondere die einfachen Leute sind vor dieser Verführung gefeit, doch nie vollständig.

Gandalf fürchtet die ultimative Macht. Galadriel widersteht ihr. Boromir verfällt ihr und zahlt den Preis, sein Bruder Faramir zeigt hingegen die nötige Stärke. Selbst Frodo, der einfache Frodo, verfällt letzten Endes der Macht und nur der Gärtner Sam wird nicht von ihr beeinflusst.

Diese Aussage ist eingebettet in epische Schlachten, unterirdische Kavernen, Kämpfe gegen fantastische Monster, immer mit dem Ziel des Schicksalsbergs vor Augen. Doch was uns am Ende berührt ist die Aussage: Wir müssen korrumpierender Macht widerstehen, so schwer es auch fällt.

Als Autor empfiehlt es sich, eine solche Aussage schon früh zu definieren. Auch wenn du coole Wendungen, fantastische Szenen oder epische Kämpfe vor Augen hast: Frage dich rechtzeitig: Was soll mir das alles sagen? Dadurch wird dein Roman zum Rennwagen: Wenn eine Aussage als Motor für die Ereignisse präsent ist, aber versteckt unter der formschönen Haube der Handlung bleibt.

Wie immer ist weniger mehr: Eine Aussage reicht völlig aus, um verschiedene Handlungsstränge voranzutreiben. Finde diese eine Essenz für deinen Roman frühzeitig und lass sie die Richtschnur für die Ereignisse sein - dann fließt auch die Handlung kontinuierlich voran.

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