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Feminismus bei den Ursprünglichen

Wenn du den ersten Band der Ursprünglichen in die Hand nimmst, wirst du mit einer sehr auf Männer zentrierten Gesellschaft konfrontiert. Die Hyldim sind ein an Wikinger angelehntes Volk, bei dem sich der beste Krieger zum Anführer aufschwingen kann. Zudem werden keine Figuren sichtbar, die zu einer Minoritätengruppe gehören, sei es LGBT+ Charaktere oder People of Colour oder Menschen mit Behinderungen. Trotzdem sehe ich dieses Buch durchaus als einen Beitrag zu einer integrativeren Welt. Warum?



Tuschezeichnung eines Wikingers, der an einem karibischen Strand steht und zu einem Boot auf dem Meer hinausblickt.

Es ist schon richtig, dass die Welt der Hyldim eine sehr patriarchale ist, somit die Antithese zu den sehr wichtigen Entwicklungen unserer Zeit. Doch gerade im Kontext dieser Entwicklungen, die sich sehr stark auf die Gleichstellung von Frauen und inzwischen auch Nicht-Binären bezieht, wird wenig über die Rolle der Männer nachgedacht.

Doch deren althergebrachte Rolle passt kaum zu einer Welt der Gleichstellung. Wenn Frauen nicht mehr beschützt werden müssen, was machen dann die männlichen Beschützer? In diesem ersten Band haben wir eine patriarchale Gesellschaft, aber mit einem anderen Rollenbild als es bei uns der Fall war: Die Männer sind nicht reine "harte Kerle", die Saufen und Raufen.

Es ist ein sehr unterschiedliches Ensemble, das hier auftritt: Der an seinen Verlusten zerbrechende Anführer Eliyah. Borseen, der ewig Ausgestoßene, der zwar die physische Kraft mitbringt, aber doch nie dazugehört. Nuabu, der sich um sein Volk sorgt und doch zurücktritt und dieses in Gefahr bringt, weil er es für das Richtige hält. Malik - nun, Malik ist ein gewalttätiger Brutalo im Sinne des toxischen Patriarchats. Aber das ist zum Scheitern verurteilt.

Eine mir sehr wichtige Szene dieses Buches illustriert das, was ich meine, ganz gut: Eliyah ist so verzweifelt ob der Verluste (seine Kinder starben auf der Flucht), dass er in seinem Versuch, sein Volk zu schützen, immer wieder zu weit geht. Darüber verliert er langsam das Vertrauen seiner Nächsten, bis hin zu dem seiner Frau. In einer entscheidenden Szene, als alles verloren ist, bricht er emotional zusammen. Er kann nicht mehr, bricht in Tränen aus. Ein völlig unwürdiger, unmännlicher Anblick - zumindest gemäß unseres männlichen Rollenverständnisses. Aber nicht in dieser Welt, denn hier wird er von seinen (auch männlichen) Freunden in den Arm genommen und getröstet. Kein Spott, nur Halt. Keine Ausgrenzung, sondern Unterstützung.

Das ist es, was ich meinen jungen, männlichen Lesern mitgeben möchte: Ihr könnt stark sein, aber ihr müsst es nicht. Es ist okay, wenn es dir nicht gut geht und du sollst für deine Freunde da sein, wenn sie in einem tiefen Loch stecken.

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